Donnerstag, 25. Mai 2017

Post für Mrs. Bromley - Stefan Brijs - Der Krieg ist der Liebe ihr Tod



Krieg ist eine Berührung mit dem Tod. Er hinterlässt Teufelsspuren. Sich zu widersetzen ist die Botschaft, die John und sein Studienkollege William setzen wollen. Doch wie bringt man eine Menge zur Vernunft, wenn sie von den Medien angestachelt wird? Wie beruhigt man eine Masse von Menschen, die tagtäglich Nachrichten von Todesopfern bekommen? Die den Menschen suggerieren, dass Rache die einzige Option ist, um Erlösung im Herzen zu erlangen. Der Kampf der beiden Studenten scheint noch härter zu sein als der Krieg selbst. Entschlossen spricht William immer wieder Parolen gegen den Krieg aus: 
„Die Menschen sind Lemminge. Sie wollen in der Masse mitlaufen. Dort wähnen sie sich sicher. Sie brauchen nicht nachzudenken. Sich nicht zu entscheiden. In einem blinden Drang schwimmen sie im Strom mit, wohin er auch führt. Angestachelt vom Atem der anderen um sie herum. Immer weiter.“

John ist die Hauptfigur, ist 19, und es wird aus der Ich-Perspektive von ihm erzählt. Er wächst alleine mit seinem Vater auf, weil seine Mutter bei seiner Geburt gestorben war. In der Folge nimmt ihn Mrs. Bromley bei sich auf und er wird von ihr gestillt. Die Bromleys sind eine 8-köpfige Familie. Während Mrs. Bromley eine herzensgute Frau ist, ist der Vater ein Tyrann. Martin, der älteste und einzige Sohn, wird Johns bester Freund.

Die Erzählung setzt ein am 05.08.1914. Das Ultimatum an Deutschland ist abgelaufen und die Menge jubelt. Sein bester Freund Martin Bromley will sich sofort freiwillig melden. John ist zunächst nicht geschockt, weil er, wie so viele andere, glaubt, dass der Krieg sowieso bald vorbei sein wird. Er denkt nicht daran, dass er sich meldet und strebt ein Englischstudium an. Sein Vater verkauft sein wertvollstes Buch, um ihn dies zu ermöglichen. Im Studium lernt er William, einen Germanistikstudenten kennen. Ähnliche Gedankengänge verbinden sie. Krieg ist die schrecklichste Erfindung der Menschheitsgeschichte. Je länger der Krieg jedoch andauert, desto intensiver werden die Manipulationen betrieben. Soldaten werden an Universitäten geschickt, um junge Männer für den Krieg zu überzeugen. Außerdem werden junge Männer, die sich noch nicht für den Krieg gemeldet haben, von Frauen und älteren Männern auf der Straße beschimpft.

Stefan Brijs, der Autor dieses Romans, hat sich sehr intensiv mit dem 1. Weltkrieg beschäftigt. Insbesondere hat er sein Augenmerk auf London geworfen. Er versucht die Zustände zu beschreiben und die Grausamkeit und die Aussichtslosigkeit zu manifestieren. Er hat bereits mit „Taxi Curacao“ einen fantastischen Roman geschrieben und entwirft mit „Post für Mrs. Bromley“ einen Kriegsroman, der die Hierarchie einer Gesellschaft deutlich zeichnet. 

Mit John erleben wir die Geschichte einer Figur, die versucht gegen den Strom zu schwimmen, jedoch lässt sie sich von Trieben und Manipulationen in den Gedankengängen immer wieder stören. Sein Vater ist ein Postbote und ebenfalls gegen den Krieg. Als die Zahl der Toten zunimmt, erhält er die Aufgabe die Telegramme der Toten, direkt an die Familien auszuliefern. Diese Tätigkeit lässt ihn verrückt werden. Er sieht sich als Totenbote. Als eines Tages ein Telegramm für Mrs. Bromley ankommt, welches John findet, zögert er es ihr auszurichten. 

Darf man die Hoffnung eines Menschen aufrechterhalten durch das Verschweigen einer Wahrheit? Ist der Krieg zu rechtfertigen, wenn man aus Rache handelt? Ist man unschuldig, wenn man nicht aus Eigengedanken, sondern Fremdgedanken gehandelt hat? Josh handelt vielmehr auch aus Liebe. Liebe zu den Menschen und Liebe zu Mary Bromley, der ältesten Tochter. Er versucht zu imponieren und Lösungen für das Unmögliche zu finden. Ihm bleibt jedoch nur die Option des Willens einer höheren Macht. Vielleicht sind diese Schranken tatsächlich die Bilder der Wirklichkeit. Jedoch lassen sie vermuten, dass eine Möglichkeit zum Widerstand ausgeschlossen sei. Eine sehr zweifelhafte These. John versucht Goethes jungem Werther zu gleichen. Dieser scheiterte an der Liebe und beendete sein Leben. John nutzt die Schwierigkeiten der Liebe, um Rechtfertigung für seine destruktiven Entscheidungen zu finden. 
Insgesamt ist es eine großartige Geschichte mit einigen ethischen Schwächen und etwas zu vielen Versuchen, die Seiten unnötig zu füllen.

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